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Die letzten Vorstellungen: 04.04./05.04., 19:30 & Derniere am 06.04.2025, 16:00 Theater an der Ruhr/VolXbühn

"Meine Regiearbeiten sind multidisziplinäre
Projekte – Uraufführungen
und Stückentwicklungen – im
Grenzbereich von Performance,
Sprech- & Musiktheater.

Inhaltlicher Kern der kommenden Projekte
ist die Übertragung physiologischer &
physikalischer Phänomene auf persönliche Erlebnisse
und soziale Prozesse - mit selbst verfassten Texten"                                                                                                                                      

SALOME von Oscar Wilde (2010)

"Jana Denhoven entwirft die Spielfläche als überlebensgroßes Silbertablett, auf dem die Schauspieler agieren und das so schließlich als Rquisit zur Übergabe von Jochanaans Kopf überflüssig wird. Eine schlaue Inszenierung, tolle Ensembleleistung und ein großartiger Theaterabend.“ (rheinkultur)

Liebe ist kälter als das Kapital“ heißt ein Stücktitel des Berliner Autors Rene Pollesch. Er hat damit auch den perfekten Untertitel zu Oscar Wildes SALOME gefunden...

"Sie streiten über ihren Glauben", heißt es zu Beginn des Stückes. Mit Glauben ist viel mehr als Religion gemeint. Politik. Jede Form von Theorie, Ideologie. Alles, was nicht Liebe ist. In dieser Religion verschanzen sich die Männer, um schließlich an der Liebe zugrunde zu gehen. Am religiös fanatischsten der eingekerkerte Prophet JOHANNES. Am Anfang: Der JUNGE SYRER liebt – wie alle jungen Kerle des Reiches - die unerreichbare SALOMÉ. Er wird ihr Werkzeug, dann wahnsinnig, dann ist er tot. SALOMÉ, die schöne Tochter der zu Ausschweifungen neigenden Königin HERODIAS, hingegen verliebt sich in den Fundamentalisten Johannes und versucht ihn erst mit Liebes-, dann mit  Hasstiraden  zu verführen. Aber: Selbst sie beißt sich am imposanten Narren mit seiner obsessiven Gläubigkeit die Zähne aus. HERODES schließlich will seine unwiderstehliche Stieftochter und zollt ihr dafür den höchstmöglichen Tribut,  den Kopf des Johannes und den Untergang seiner Macht. Um diesen Preis zu erzwingen gibt sich SALOMÉ tanzend vor den Augen der Mutter den Begierden des Stiefvaters hin. Nun, den Kopf des Johannes besitzend und die wehrlosen, toten Lippen küssend, wird sie unter den Schildern der königlichen Soldaten zermalmt.

Alle Gefühle, Begierden und Abgründe sind in Wildes Klassiker in die Sprache verlegt. In sie verrennen sich die Sprechenden, wechseln zum eigenen Entsetzen ihre Argumente ins Gegenteil. Der eigene Standpunkt eines jeden wird ins unrealistische überhöht und entzieht sich damit der Umsetzbarkeit. Diese Diskrepanz zwischen ideologischer Überhöhung und Umsetzbarkeit ging auch in der jüngeren Geschichte großen Katastrophen immer voraus... Und: Jede Figur in Wildes Bearbeitung des Stoffes aus dem Matthäusevangelium hat eine gute und eine schlechte Seite. Es treffen aber nie die guten Seiten aufeinander. Manchmal trifft eine gute auf eine schlechte Seite, dann kann man für zarte Sekunden hoffen, dass die gute stärker ist als die schlechte. Ist aber nie. Meistens treffen die schlechten Seiten zusammen und der Untergang ist nur eine Frage der Zeit. Im Untergehen freilich scheint noch einmal die gute Seite auf. Das ist der böse Witz Wildes, dessen stilisierte Sprache in diesem Stück in reduzierter, aber gleichzeitig artistischer Form zum Klingen kommt. So wird SALOMÉ zu einer magischen Sprechoper über die Kälte der Liebe...

Besetzung:

SALOMÉ, Tochter der Herodias: Ela Gölden, HERODES ANTIPAS, Tetrach von Judäa: Johann Krummenacher, HERODIAS, Frau des Tetrarchen: Alexe Limbach, JOCHANAAN, Der Prophet: Christof Hemming, DER JUNGE SYRER, Hauptmann der Garde: Azizé Flittner, EIN KAPPADOZIER, JUDEN, NAZARENER und andere: Andreas Spaniol / Azizé Flittner

Regie & Textfassung: Jörg Fürst, Bühne: Jana Denhoven, Licht: Marc Brodeur, Kostüme: Monika Odenthal, Musik & Samples: Wolfgang Proppe (erdmöbel), Maske: Heike Helbach, Produktion: Garlef Keßler, Videodokumentation: Basa Vujin-Stein, Technik: Jörg Limbach, Thomans Mörl                                                                          

 

 

Pressestimmen:

 

 

„Es entwickelt sich ein merkwürdiger Taumel, der konsequent dann starke Bilder erzeugt, wenn die Vorgänge auf der Bühne die Linie verwischen, die Wirklichkeit und Einbildung trennt. ... Nach und nach spitzt sich der Geschlechterkonflikt auf der Bühne zu. Zwar bleibt unklar, warum Herodes (großartig gespielt von Johann Krummenacher) unbedingt als abgehalfterte Transe auftauchen muss, dennoch wird mit seinem Erscheinen am dramatischsten der Eindruck vom untergang dieser Gesellschaft vermittelt. Sein penetrant nimmersatter Blick auf die Stieftochter entfesselt das voyeuristische Begehren als morbide Perversion, die ihren Höhepunkt in einem Schleiertanz findet, für den Salome schließlich mit dem Leben bezahlt. Fürst hat diesen tanz in seiner Inszenierung allerdings einducksvoll verändert: Anstatt der Entschleierung taucht die Prinzessin ab in die Tiefen des Herodesschen Unterrocks. Ein eindringlicher Moment, den die Regie überlässt es der eigenen Phantasie, was in dieser Minute passiert, bevor Salome plötzlich mit Glatze wieder auftaucht. Überhaupt sind diese Momente symptomatisch für den wunderbaren Theaterabend: starke Bilder, die Jörg Fürst gelingen, und der Anspruch an den Zuschauer, diese selbst aufzudröseln.“ (Kölner Stadtanzeiger)

"Jana Denhoven entwirft die Spielfläche als überlebensgroßes Silbertablett, auf dem die Schauspieler agieren und das so schließlich als Rquisit zur Übergabe von Jochanaans Kopf überflüssig wird. Eine schlaue Inszenierung, tolle Ensembleleistung und ein großartiger Theaterabend.“ (rheinkultur)

"Ferngesteuert wie eine Schlafwandlerin schreitet Ela Gölden mit blonder Perücke und orangener Wasserpistole, glänzendem Anzug und freiem, mageren Bauch durchs Bühnenbild, während psychedelische Metalmusik um sie tost - ein starkes Bild, das viel erzählt von dem vermeintlich verwöhnten Girlie, das auf den zweiten Blick gestört und gefährlich wirkt. ... Johann Krummenacher als Herodes ist ein schauspielerisches Ereignis und der einzige, der einer menschlichen Figur nahekommt: ein rotgesichtiger, heruntergekommener Clown in Frauenkleidern, der Salome hinterhersteigt und em Alkohol frönt, verrutscht und enthemmt. Katzenhaft und kühl fordert Salome von ihm den Kopf des Propheten, der sie so brüsk abgewiesen hat, geifernd gewährt er ihn schließlich, wenn sie für ihn tanzt. Statt eines Schleiertanzes taucht Salome bei Jörg Fürst durch Herodes Reifrock hindurch. Da stockt der Atem: sofort denkt man an Kindesmißbrauch, sekundenlang scheint unter diesem Rock nichts und alles zu passieren - und doch erscheint Salome schließlich noch ungerührter, auf einmal mit Glatze, als hätte sie nun zu ihrem wahren Selbst gefunden. Seinen Kopf bringt schließlich Jochanaan selbst hinein, Salome trägt ihn bei ihrem Abschlussmonolog wie ein Raubtier mit den Zähnen vor sich her- die Gier nach Liebe hat sie übermannt. Jörg Fürst schafft es in diesem glänzend gespielten Abend, das schwierige Stück rätselhaft zu lassen und es doch in treffende Bilder zu übersetzen. Er hat ihm die Schwülstigkeit genommen und die Gewaltigkeit gelassen und  erzählt die       Geschichte einer psychedelischen, verdorbenen Jugend. Beeindruckend." (AKT, Kölner Theaterzeitung)